Der Anfang aller Philosophie, so Platon, ist das Staunen. Dieses Gefühl dürfte so manchen geneigten Zeitgenossen erfasst haben, als der Vortrag eines Philosophen in Coburg anlässlich des 11. Wirtschaftstag der Sparkasse Coburg – Lichtenfels ankündigte. Mit Prof. Dr. Dr. h. c. Julian Nida-Rümelin, Lehrstuhlinhaber an der LMU München, konnte einer der renommierten Vertreter seines Faches gewonnen werden, über Wirtschaft und Ethik fernab intellektueller Diskurszentren zu sprechen. Die Strahlkraft des Namens zog am 9. November 2016 viele Zuhörer, darunter Schüler der Ethikkurse der Oberstufe des Alexandrinum in Begleitung ihrer Lehrkräfte in das Kongresshaus Rosengarten.
Die hohen Erwartungen, die mit dem Besuch eines so außergewöhnlichen Intellektuellen verbunden waren, wurden nicht enttäuscht. Nida-Rümelins Vortrag bestach durch zweierlei:
Erstens durch seine Art und Weise, man kann auch sagen seine Methode. Gänzlich „unmodern“, ja geradezu als Verweigerung gegenüber dem Zeitgeist, dem Mainstream, – und umso erfrischender –, weil ohne mediale Unterstützung, entfaltete Nida-Rümelin seine philosophische Reise in höchst beeindruckender Eloquenz. Sich diese zum Maßstab zu nehmen, erscheint mit Blick auf viele Gesprächs- und Präsentationsrunden im Kleinen wie im Großen außerordentlich wünschenswert.
Zweitens durch den Inhalt, denn Ethik und Wirtschaft haben auf den ersten Blick nichts miteinander gemein, widersprechen sich sogar. Nida-Rümelin verstand es in brillanter Manier, seine These, die eine Verbindung der beiden Begriffe beinhaltete, vor Augen zu führen – jedes Wirtschaftssystem benötigt ein ethisches Fundament. Denn ohne die ethische Verankerung der Marktwirtschaft entfaltet diese aufgrund der ihr innenwohnenden kapitalistischen Kräfte ihr destruktives Potenzial. Diese führte Nida-Rümelin immer wieder durch aktuelle Bezüge und Gedankenexperimente, die ein wichtiger Bestandteil philosophischen Denkens sind, vor Augen. Damit verbunden war sicherlich auch eine Mahnung gerichtet an jene, die dem freien Markt eine geradezu heilende Wirkung zusprechen.
Die juvenale Zuhörerschaft war von beidem, vom Inhalt wie von der Art und Weise, beeindruckt. Und das ist umso erfreulicher, als sich in dieser Aufgeschlossenheit, der Wertschätzung des gesprochenen (nicht des getippten) Wortes, der Hingabe an Anspruchsvolles und der Freude an Wissen (nicht an Information) das Wesen wahrer Bildung offenbart.
Berichterstattung von itvCoburg – 10. November 2016