P-Seminar Geschichte 2016/18 – Stolperstein zu Ehren von Edith Frank
„Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnert, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“
Dieses Zitat des spanischen Schriftstellers und Philosophen George Santayana spiegelt eine moralische Grundhaltung wider, die vor dem individuellen historischen Hintergrund in allen Ländern der Welt, vor allem aber in Deutschland, aufrechterhalten und angewandt werden sollte.
Wir, das P-Seminar Geschichte 2016/18 „Stolpersteine“, haben uns dazu entschieden die praktische Umsetzung unseres Projekts durch die Verlegung eines Stolpersteins zu Ehren von Edith Frank, einer ehemaligen Schülerin der Alexandrinenschule, der Aufarbeitung des Nationalsozialismus in Coburg zu widmen. In Anlehnung an das Zitat wollen wir damit unseren Beitrag zur Erinnerung an dieses dunkle Kapitel der deutschen Geschichte leisten.
Im Besonderen ist es wichtig, sich die schulischen Bildungsziele im Nationalsozialismus vor Augen zu führen, um zu verstehen, wie die systematische Ausgrenzung, Verfolgung und Vernichtung von sieben Millionen Menschen jüdischen Glaubens im nationalsozialistischen Deutschland möglich wurde. Oberste Priorität hatte die Förderung in den Bereichen „Rassesinn“ und „Rassegefühl“, um die überlegene Stellung des Ariers gegenüber der als minderwertig propagierten jüdischen Bevölkerung zu festigen und diskriminierende Prozesse sowie schließlich den Holocaust zu rechtfertigen. Der Zuschnitt der Schule auf die nationalsozialistische Ideologie wurde auch in der praktischen Ausbildung der Lehrer verwirklicht. So hatten Schulungen des Nationalsozialistischen Lehrerbundes (NSLB) militärische Züge durch einen festen und geregelten Tagesablauf und Zeitplan und durch militärische Tätigkeiten wie Schießübungen. Der Widerstand in der Lehrerschaft war auch deshalb nicht weit verbreitet, weil Lehrer häufiger von Schülern, die sich als Anhänger der Nationalsozialisten bekannten, verraten wurden, wenn sie sich im Rahmen des Unterrichts regimekritisch äußerten.
In der Zeit des Nationalsozialismus besuchte ein jüdisches Mädchen die damalige Alexandrinenschule, heute das Gymnasium Alexandrinum Coburg, und erfuhr die antisemitische Ausgrenzung am eigenen Leibe, bis sich ihre Familie schließlich entschloss, in die USA zu fliehen. Unser P-Seminar machte es sich zur Aufgabe, Informationen über ihr Leben zu sammeln und ihr zu Ehren einen Stolperstein vor unserer Schule zu setzen. Ihr Name war Edith Frank.
Umfassende Recherchen in Gemeindearchiven, den alten Jahresberichten der NS-Zeit im Staatsarchiv Coburg und in amerikanischen Datenbanken machten es möglich, Edith Franks Biographie und Stammbaum zu rekonstruieren:
Edith Sophie Frank wurde am 5. Dezember 1920 in Marktbreit geboren. Am 3. November 1931 zog sie nach Coburg in die Adolf-Hitler Straße 34 (heute Bahnhofsstraße 34). Von 1931 bis 1935/36 besuchte sie die Alexandrinenschule, bis sie schließlich am 22. April 1936 mit 16 Jahren nach München verzog, weil die Nürnberger Gesetze ihr eine Schulbildung an einer staatlichen Schule unmöglich gemacht hatten. Im folgenden Jahr floh sie mit ihrer ganzen Familie am 30. Dezember 1937 mit der S.S Washington von Le Havre, Frankreich, nach New York. Dort lebte sie bis 1940. Danach verliert sich leider ihre Spur, und trotz monatelanger Recherchen war es uns nicht möglich, Edith in den USA aufzuspüren. Möglicherweise heiratete sie nach 1940 und änderte demzufolge ihren Nachnamen.
Tief berührt haben uns bei der feierlichen Einweihung des Stolpersteins am Donnerstag, den 26. Oktober 2017, die in jiddischer Sprache vorgetragenen Lieder des Vokalensembles. Auch die spannende Lebensgeschichte der Familie Frank und ihre gelungene Flucht vor Verfolgung und Vernichtung, kurz bevor das nationalsozialistische Regime die Ausreise jüdischer Familien als illegal unterband, hat uns tief bewegt.
Wir möchten mit dem Stolperstein ein Denkmal setzen, über das die Schüler und Lehrer des Alexandrinums durchaus stolpern sollen, und das auch in der Gegenwart dazu mahnt, Diskriminierung ethnischer und religiöser Minderheiten nicht zu tolerieren, sondern dieser entschlossen entgegen zu treten.