Ein Abend voller Kontraste: Die Peter Riss Ausstellung in Coburg

Stell dir vor, du stehst mitten in einem Raum und weißt nicht, wohin du zuerst schauen sollst.

Am 11. Oktober haben wir, die 11. und 12. Jahrgangsstufe, die Ausstellung von Peter Riss im Kunstverein Coburg besucht – und eines war sofort klar: Hier ging es nicht um „normale“ Kunst. Mit jedem Schritt wurde es spannender, die Fragen drängten sich auf, und wir alle wollten nur noch eines verstehen – was hinter den faszinierenden Werken steckt. Peter Riss hat uns an diesem Abend definitiv nicht enttäuscht.

Riss’ Werke fordern den Betrachter heraus, sich auf Kontraste einzulassen. Glatte und raue Oberflächen, leere und volle Räume, helle und dunkle Elemente – diese Gegensätze ziehen sich durch die gesamte Ausstellung. Jedes Kunstwerk wirkt wie ein Rätsel, das verschiedene Perspektiven und Dimensionen miteinander vereint. Es war fast so, als würde jedes Werk seine eigene Geschichte erzählen, und doch blieben viele Fragen offen. Diese offene Interpretation zog sich durch den gesamten Abend, ganz besonders im Zusammenhang mit -we dragon-, dem übergeordneten Titel der Ausstellung.

Die vielen Fragen, die in unseren Köpfen schwirrten, wurden in einem anschließenden artist talk von Peter Riss selbst beantwortet und direkt zu Beginn erklärte er, was es mit dem Namen -we dragon- eigentlich auf sich hat. Dieser symbolisiert die Dualität der menschlichen Natur: Der Drache steht sowohl für Stärke als auch Zerstörung und repräsentiert die inneren Kämpfe, die jeder von uns trägt. Riss thematisiert, dass wir alle einen „inneren Drachen“ haben, der uns sowohl motiviert als auch herausfordert. Der Titel deutet darauf hin, dass wir in dieser Dualität nicht allein sind und fordert uns auf, darüber nachzudenken, wie wir mit unseren inneren Widersprüchen umgehen können.

Zudem sprach Peter Riss auch über sein bedeutendes Werk „The Carousel“, das aus einem Flohmarktbesuch im Jahr 2013 hervorging. Der Künstler sah ein Karussell aus Blech, das die kolonialen Strukturen der 1970er Jahre widerspiegelte. In seiner Installation thematisiert er den digitalen Kolonialismus und die Spuren, die wir im Internet hinterlassen. Der zugedeckte Twittervogel auf dem Karussell steht für die Gefahren und Manipulationen, die die digitale Welt mit sich bringt. Riss regt dazu an, über die komplexen Zusammenhänge zwischen Geschichte, Gesellschaft und unserer Rolle in einer vernetzten Welt nachzudenken.

Ein zentrales Thema des artist talks war auch Peter Riss selbst – seine Vorstellungen und Herangehensweisen als Künstler. Schon von klein auf dachte er in Proportionen und dreidimensionalen Formen, was sich als natürliche Begabung herausstellte. Diese Fähigkeit zeigt sich in seiner Arbeitsweise, denn Riss geht oft direkt zur Realisation seiner Werke über, ohne den Umweg über Modelle oder Skizzen zu nehmen.

Er beschreibt sich selbst als konzeptionellen Künstler, der objekthafte Arbeiten schafft, die die Gesellschaft kritisch hinterfragen und gerne Gegenüberstellungen präsentieren. Für ihn ist Kunst nicht nur ein einsames Unterfangen – sie lebt vom Miteinander und dem Austausch mit anderen. Außerdem erzählte er, dass es in seiner Welt keinen Schlussstrich gibt. Denn der kreative Prozess ist ein fortlaufender Film in seinem Hinterkopf, den ihm niemand nehmen kann, und etwas, das er an seinem Beruf am meisten schätzt.

Was uns am Ende des Abends bewusst wurde, ist, dass Peter Riss keine einfachen Antworten liefert. Seine Kunst fordert dazu auf, unsere eigenen Fragen zu stellen und die Gegensätze in uns und unserer Welt zu erkennen. Und obwohl wir mit vielen neuen Gedanken nach Hause gingen, war eines klar: Gute Kunst hinterlässt oft mehr Fragen als Antworten. Genau das macht sie so besonders, oder?

Artikel von Adlan Nibu und Adelina Hofmann (12.Jgst.)