„Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Besuch zweier Landtagsabgeordneter in den sozialwissenschaftlichen Kursen der Jahrgangsstufe elf
Am 26. April 2024 sprachen Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe elf mit Herrn Arnold (SPD), MdL, und Herrn Bozoğlu (GRÜNE), MdL, über den Umgang mit dem Rechtsextremismus in unserer Gesellschaft.
Zu Beginn der Veranstaltung führte Studienrat Paul Heinrich mit einem Referat ein. Hierbei verwies er darauf, dass der Rechtsextremismus nicht nur ein deutsches Phänomen sei, vielmehr ein globales; so erinnerte er an einen Anschlag in Neuseeland 2019, einen Anschlag in den USA im gleichen Jahr sowie an den Anschlag in Halle: Alle Anschläge hätten einen rechtsextremistischen, teilweise antisemitischen Hintergrund, der sich in brutaler Gewalt geäußert habe. In diesem Zusammenhang machte der Referent darauf aufmerksam, dass die rechtsextremistischen Straftaten in Deutschland beängstigend zunehmen würden. Abschließend determinierte er den bis heute schwierigen Begriff des Rechtsextremismus auf Basis der Genese von rechts und links sowie vor dem Hintergrund der aktuellen wissenschaftlichen Debatte: Rechtsextremismus sei, so Heinrich auf Basis des Buches „Die Logik der Angst“ von Peter R. Neumann, „der Versuch, andere politische Ideen zugunsten einer antiegalitären, identitären politischen Vision zu unterdrücken.“
Im Anschluss daran debattierten die beiden Abgeordneten des Bayerischen Landtages mit den Schülerinnen und Schülern. Gleich zu Beginn wies Bozoğlu darauf hin, dass der Rechtsextremismus unter anderem auch durch die Vielzahl der Krisen erstarkt ist. Hierbei verwies der GRÜNEN-Politiker nicht nur auf die derzeitigen Kriege und deren Rückwirkung auf unsere Gesellschaft, er verwies auf die langfristigen Krisen, sei es die Klimakrise, die Migrationskrise etc. Zudem machte er deutlich, dass es die Politik verschlafen habe, rechtzeitig gegen die Auswüchse rechtsextremistischer Gewalt entschieden vorzugehen. Als ehemaliges Mitglied des zweiten NSU-Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtages bedauerte er, dass die Politik die rechtsextremistischen Zeichen nicht früher wahrgenommen und alsdann entschieden gegen diese vorgegangen sei.
In diesem Zusammenhang verwies Arnold auf eine zunehmende Verschiebung des sprachlichen Diskurses, die mit dem Aufkommen rechtspopulistischer und -extremistischer Tendenzen einherzugehen scheint. Diese Entwicklung, so der SPD-Politiker, gehe Hand in Hand mit einem immer schlimmer werdenden Populismus, welcher sich durch bewusste Provokationen von vorzugsweise rechtspopulistischen Politikern auszeichne sowie dem Bemühen, aus Tätern Opfer zu machen. Hierbei machte der Sprecher für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag ebenso deutlich, dass die Bemühungen gegen den Rechtsextremismus notwendig seien, man gleichwohl aber nicht den Linksextremismus vergessen dürfe.
Mit Blick auf die Frage des Vorgehens gegen den Rechtsextremismus machte Arnold deutlich, dass ein Verbot der AfD nicht immer sinnvoll, nicht immer zielführend sei. Als Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Verfassungsschutzes verwies der ehemalige Staatsanwalt und Richter darauf, dass man für ein Verbotsverfahren eindeutige Beweise benötige; zudem machte er deutlich, dass es aufgrund des Föderalismus unterschiedliche Verfassungsschutzgesetze gebe, was zur Folge habe, dass die AfD hier in Bayern lediglich einen Beobachtungsfall darstelle; und schließlich fürchte er, dass es nach einem möglichen Verbot der AfD zu einer Neugründung kommen könne, folglich der pragmatische Erfolg eines derartigen Vorgehens gegen die AfD eher ausbleiben würde. Arnold plädiert eher dafür, die politische Auseinandersetzung mit den Rechtspopulisten und -extremisten zu suchen. Bozoğlu hingegen sprach sich eher für ein Verbot aus, da es zu gefährlich sei, die weitere Entwicklung abzuwarten. „Wir müssen als Demokraten bei gefährlichen Entwicklungen vorgehen, hierzu haben wir die Möglichkeiten, die uns durch die Verfassungsväter und -mütter gegeben worden sind“, so der Sprecher für Strategien gegen den Rechtsextremismus der GRÜNEN-Fraktion im Bayerischen Landtag.
Man müsse diesen Entwicklungen mit den Methoden der Demokratie entgegentreten, so Arnold abschließend: Man müsse vor allem die Zivilgesellschaft und deren Engagement gegen rechts- wie linksextremistische Kräfte stärken. „Wir können diese Entwicklungen nur dann aufhalten, wenn wir zeigen, wer wir sind und woran wir festhalten wollen. Eine stärkere Präsenz, ein Zeichen setzen, durchaus durch Demonstrationen, damit bekämpft man langfristig die Feinde unserer Verfassung“, so Arnold. Zudem müsse der Staat massiver gegen die Auswüchse der Fake News vorgehen. Denn nur eine informierte Gesellschaft könne sich gegen den Populismus und dessen zunehmend antidemokratische Haltung zur Wehr setzen.
Zudem müsse man die Symptome bekämpfen, so Bozoğlu: Die Politik auf Landes- und Bundesebene müsse klarer kommunizieren, deutlicher darlegen, was sie von der Gesellschaft verlange; und sie müsse deutlicher darstellen, dass die Krisen, welche die Bevölkerung derzeit belasten würden, nicht durch kurzsichtige nationale Ansätze gelöst werden könnten, man vielmehr hier den Schulterschluss der europäischen Partner sowie die Zusammenarbeit mit den globalen Partnern anstreben müsse. Natürlich, so der GRÜNEN-Politiker, benötige Deutschland ein besseres Migrationskonzept; aber die Ursache der Migration könne nicht an deutschen Grenzen bekämpft werden.