Ein Seminar, ein Ziel: Mit dem Mountainbike über die Alpen – dieser Challenge stellten sich 14 Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Alexandrinum mit ihrem Kursleiter, Herrn Lehmann, im P-Seminar „Transalp“. Die Durchführung eines so großen Vorhabens erfordert eine sehr lange und gründliche Planung. Wie aufwändig ein solches Projekt letztendlich ist, stellte sich für uns Teilnehmer erst mit der Zeit heraus.

Die ersten Vorbereitungen begannen bereits im September 2019. Wir wollten die Alpen in einer Woche CO2-frei von Deutschland nach Italien überqueren. Für eine effektive Planung teilten wir uns in zwei Teams auf:

Das Routen-Team war zuständig für die Ausarbeitung einer geeigneten Strecke sowie für das Finden von Unterkünften. Die Route sollte anspruchsvoll, aber gleichzeitig für uns alle machbar sein – keine leichte Aufgabe!

Mithilfe von Karten, Reiseführern und dem Internet erstellte zunächst jedes Team-Mitglied die Grobplanung einer eigenen Strecke mit Herausarbeitung der Streckenlänge pro Etappe sowie den zu leistenden Höhenmetern, sodass uns am Ende sieben verschiedene Routen zur Verfügung standen.

   

Neben dem Routen-Team gab es das Budget-Team, welches sich um die Finanzierung zu kümmern hatte. Es mussten Sponsoren gefunden werden, die unser Projekt auf unterschiedliche Weise unterstützten, und durch Aktionen wie Pausenverkäufe in der Aula sollte zusätzlich Geld eingebracht werden, um die Kosten für uns Teilnehmer möglichst gering zu halten.

Parallel zur Planung lief unsere sportliche Vorbereitung. Mit viel Engagement setzte sich Herr Lehmann durch regelmäßige gemeinsame MTB-Touren in der Coburger Umgebung für den Aufbau der nötigen Kondition ein. Zudem hatte jeder von uns ein individuelles Training zu absolvieren, um für die bevorstehende Herausforderung fit zu werden. Wir lernten an steilen Abfahrten die Technik der Radbeherrschung, während die nicht weniger steilen Anstiege jede Muskelfaser und jedes Lungenbläschen unseres Körpers aktivierten. Da ahnten wir jedoch noch nicht, an welche Grenzen wir später noch gehen müssen…

Für das Training war unser Sponsor „Fitnessfabrik Coburg“ ein Glücksfall, da man sich hier bei jeder Wetterlage unter konstanten Bedingungen sehr vielfältig vorbereiten konnte.

Das war jedoch noch nicht alles, was zu unserer Vorbereitung gehörte. Wir mussten nämlich auch in der Lage sein, einen Defekt am Fahrrad eigenständig reparieren zu können. Daher lernten wir bei Markus Weidner, einem echten Fahrradexperten, wie man einen platten Reifen, eine herausgesprungene Kette oder eine geschundene Gangschaltung wieder repariert. Hierbei durften wir selber Hand anlegen. Zudem gab uns Markus zusätzlich viele hilfreiche Tipps, zum Beispiel welche Werkzeuge man benötigt, um für nahezu alle technischen Problemfälle gewappnet zu sein (und da kam so Manches zusammen!).

Im Januar 2020 legten wir schließlich unsere Route fest. Nach Vorstellung aller infrage kommenden Strecken entschied sich das Seminar für die Strecke vom Tegernsee zum Gardasee. Unser Plan war, insgesamt 374 Kilometer innerhalb von 7 Tagen bei 8817 Höhenmetern zu absolvieren.

Bis dahin gestaltete sich unser Projekt weitgehend problemlos. Die Trainingsvorbereitungen liefen, einige Sponsoren wurden schon gefunden und die Route stand fest. Doch dann verbreitete sich das Corona-Virus in der Welt und veränderte Vieles – und auch unseren Plänen machte es einen Strich durch die Rechnung. Der Zielort in Italien war plötzlich unerreichbar für uns, und das lag nicht an dem ein oder anderen Trainingsrückstand. Aufgrund der auf unbestimmte Zeit geschlossenen Grenzen musste die geplante Route stark verändert werden, sodass nicht nur der Start-, sondern auch der Zielort in Deutschland lag – aber dennoch in den Alpen. Die umfangreichen detaillierten Planungen sowie die Buchungen der Quartiere waren also umsonst. Und auch auf unser Training hatte die Corona-Pandemie Einfluss, denn wir konnten nicht wie zuvor in der ganzen Gruppe trainieren, sondern jeder war auf sich alleine gestellt. Herr Lehmann schickte uns regelmäßig Wochenziele, die wir erreichen sollten, und überprüfte unseren Trainingstand mit der Abfrage von Trainingsplänen.

Nachdem es uns zur geplanten Zeit (Juli) wegen des umfangreichen Unterrichtausfalls nicht genehmigt wurde, die Alpen im Schuljahr 2019/20 zu überqueren, fanden wir nach langer Überlegung und Neuplanung eine Alternative. Anders als zuvor geplant teilten wir unsere Route auf zwei Wochenenden im September des neuen Schuljahres auf, um das Projekt mit möglichst wenig Unterrichtversäumnissen durchzuführen.

Also ging es für uns verspätet am 17. September 2020 mit dem Zug vom Coburger Bahnhof los. Begleitet wurden wir außerdem von Frau Dittrich (Sportlehrerin), Urs, der beeindruckende Bilder und Videos während unserer Tour machte und Olli (Fahrer des Begleitfahrzeugs).

Gegen Nachmittag kamen wir am Startpunkt Spitzingsee an, wo unser Begleitfahrzeug mit unseren Fahrrädern, die wir am Vortag an der Schule eingeladen hatten, bereits auf uns wartete.

Von dort aus startete unsere erste Etappe: 500 Hm und 5 km zur Schönfeldhütte. Die vergleichbar einfache Etappe meisterten alle problemlos, und auf der Hütte durften wir uns auf ein leckeres Abendessen freuen.

Etappe 2 hingegen war mit 1300 Höhenmetern und 50 Kilometern deutlich anspruchsvoller. An diesem Tag erwarteten uns neben schön befahrbaren Strecken aber auch einige Wege, die nicht gerade zum Fahren geeignet waren (z. B. Bachläufe). Da mussten wir alle fest anpacken und unsere Fahrräder tragen. Zum Glück waren die Jungs für die Mädchen hier sehr hilfsbereit und haben beim Tragen geholfen.

Die dritte Etappe stellte sich als anspruchsvollste der gesamten Tour heraus. Sie begann harmlos mit kleinen Anstiegen, größtenteils verlief sie dennoch flach. Erst zum Ende hin erwartete uns ein anspruchsvoller Anstieg von 1000 Höhenmetern – eine große Herausforderung für alle im Team.

Es bildeten sich kleine Gruppen, da jeder sein eigenes Tempo fahren sollte, sodass wir zeitversetzt unsere Hütte, das Karwendelhaus, erreichten. Das Wichtigste war jedoch, dass es alle geschafft hatten.

Der letzte Tag des ersten Wochenendes war für keinen von uns ein Problem, denn bei dieser Etappe zählten wir die Höhenmeter vor allem bergab. Das Ziel war der Bahnhof in Mittenwald, von wo aus wir mit dem Zug wieder nach Hause fuhren. Mit dieser Etappe endete für uns ein Wochenende mit optimalen Bedingungen für sportliche Aktivitäten in den Alpen. Der Spätsommer bescherte uns warmes und sonniges Wetter und leistete seinen Beitrag zur guten Laune in der Gruppe, und so stieg auch unser Selbstvertrauen für den zweiten Teil der Challenge vier Tage später.

 

Als Herr Lehmann uns bei einem unserer Vorbereitungstreffen deutlich machte, wie unberechenbar das Wetter in den Alpen sei, konnten wir uns nach der ersten Wochenend-Tour im September nicht vorstellen, dass seine Einschätzung sehr realistisch war – leider! Der zweite Teil unserer Unternehmung begann eine Woche später am 24. September. Schon bei der Ankunft am Startort Berchtesgaden regnete es und hörte auch den ganzen Tag nicht auf. Wir sehnten uns nach einer Dusche, gutem Essen und einer bequemen Matratze für die Nacht, und zum Glück bekamen wir alle drei Wünsche erfüllt. Der vierte Wunsch – die zweite Etappe im Trockenen zu absolvieren – ging jedoch nicht in Erfüllung.

So wappneten wir uns mit Regenjacke, Regenhose und den Überzügen für Helm und Schuhe. Dennoch kamen wir am Ende nach 50 km und 1230 Höhenmetern alle völlig durchnässt und erschöpft an der Traunsteiner Hütte an.  Eine warme Dusche und trockene Kleidung, und dann konnte einem entspannten und gemütlichen Abend auf der Hütte nichts mehr im Wege stehen – dachten wir zumindest.

Doch beim Blick aus dem Fenster bemerkten wir, dass es nicht mehr regnete. Stattdessen fielen weiße Flocken vom Himmel, und zwar nicht gerade wenige. Es schneite die ganze Nacht durch, sodass wir am nächsten Morgen ein Winterwunderland zu sehen bekamen – im September!

Nach einer Team-Besprechung stand die Entscheidung fest: wir würden auf der Hütte bleiben. Der hohe Schnee brachte uns das geplante Tagesziel in unerreichbare Ferne. So saßen wir auf der Hütte fest und verbrachten die Zeit mit Wintersport (Schneeballschlacht und Schneemann bauen), spannenden Brettspielen und … ach ja, einer privaten Mathe-Stunde mit Herrn Lehmann und Frau Dittrich.

Am darauffolgenden Tag lag noch immer Schnee, und so machten wir uns dennoch mit unseren Bikes auf den Weg.

Wir wählten die kürzeste Route zu unserem planmäßigen Zielort Oberaudorf. Die Räder wurden anschließend in Ollis Transporter verstaut und wir nahmen den Zug nach Coburg, wo wir am Sonntagabend um ca. 17 Uhr ankamen.

Ein Seminar, ein Ziel: Wir haben in diesem Jahr sehr viel gelernt, z. B. dass man manchmal seine Ziele den Umständen anpassen muss. Aber vor allem wurde uns bewusst, wie wichtig es ist, in einem Team zusammenzuhalten, stets das Beste aus ungewöhnlichen Situationen zu machen – und niemals die gute Laune zu verlieren!

Das Team (von links nach rechts): Frau Dittrich, Philipp Erhardt, Herr Lehmann, Mátyás Kalocsai, Gero Apeligan, Mika Leißner, Allegra Ochsenreither, Alexander Schiweck, Clara Wölfel, Annika Böving, Annika Erhardt, Leon Krempel

Von Annika Böving, Gero Apeligan