Gegen den Trend der Europawahl

Gegen den Trend der Europawahl

Im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament hat das Gymnasium Alexandrinum an der Juniorwahl 2024 teilgenommen. Betrachtet man das deutschlandweite Ergebnis der Juniorwahl, so gewinnt hier die Union mit 20,9 % vor der SPD mit 14,7 % und der AfD mit 14,5 %; alle drei Parteien können einen Stimmenzuwachs verzeichnen. Den größten Zuwachs kann die Union mit knapp 10 % vorweisen, dicht gefolgt von der AfD mit einem Zuwachs von 8 %. Ebenso deutlich zeigt die Juniorwahl aber auch den Absturz der Grünen unter den jungen Wählern und den Erstwählern: Sie stürzen von einstmals sehr guten 33,9% der Stimmen auf 8,6 % ab.

Betrachtet man nun das Wahlergebnis des Alexandrinums, dann fällt auf, dass unsere Schülerinnen und Schüler gegen den deutschlandweiten Trend gewählt haben. Erstaunlicherweise hat bei unserer Wahl die SPD mit 14 % gewinnen können, gefolgt von den Grünen mit 12 %. Die Union hat 11 % der Stimmen auf sich vereinen können und muss sich diesen Platz mit der paneuropäischen Partei VOLT teilen; die AfD hat 10 % der Stimmen auf sich vereinen können und auf dem fünften Platz abgeschlossen. Trotz des Sieges der SPD ist festzustellen, dass die Parteien auf den Plätzen eins bis fünf sehr eng beieinanderliegen.

Ordnet man die abgegebenen Stimmen den zukünftigen Fraktionen im Europäischen Parlament zu, so fällt der gegenläufige Trend noch deutlicher aus: Die Fraktion der GRÜNEN, eine Zusammensetzung aus den Grünen, VOLT und den Piraten, hat hierbei die Wahl haushoch mit 25 % der Stimmen gewonnen.

Eine Ursache für das Ergebnis der Juniorwahl am Gymnasium Alexandrinum ist sicherlich die Tatsache, dass sich unsere Schülerinnen und Schüler im Vorfeld intensiv mit den Parteiprogrammen auseinandergesetzt und dabei den Wahl-O-Mat genutzt haben.

Sowohl am Ergebnis des Alexandrinums als auch an dem der tatsächlichen Europawahl lässt sich feststellen, dass sich ein Trend in der weiteren Entwicklungen unserer Parteienlandschaft abzuzeichnen scheint: Die Zeiten weniger Parteien in den Parlamenten scheinen beendet zu sein.

Ein Ergebnis, dass für größere Meinungsvielfalt und damit mehr Demokratie spricht, das aber gleichzeitig die Frage nach der politischen Stabilität aufwirft.

Tobias Pohl, Lerngruppe 8b/c

Vortrag mit Prof. Dr. Brückner zur Wahl des Europaparlaments

Kann ich etwas Falsches wählen?

Vortrag mit Prof. Dr. Brückner zur Wahl des Europaparlaments

Die Wahl zum Europaparlament ist in diesem Schuljahr nicht nur deswegen in aller Munde, weil erstmals auch Sechszehnjährige wählen dürfen, sie ist auch deshalb öffentlich sehr präsent, weil sie aufgrund der medialen Vorgänge und Debatten zu einer scheinbaren Schicksalswahl stilisiert wird.

Obschon der Verweis auf die Schicksalswahl einer Übertreibung gleichkommt, sind es dennoch die Vorgänge und Entwicklungen in Deutschland und Europa, die der Politik wie der Öffentlichkeit Sorgen bereiten: Ein Treffen rechtsextremer Persönlichkeiten in Potsdam, welches sich mit Fragen der „Remigration“ beschäftigt, einem im rechtsextremen Spektrum bekannten Begriff für millionenfache Abschiebung, daneben eine zunehmende Verrohung innerhalb der demokratischen Debatte, bei der Politikerinnen und Politiker Opfer von Gewalt werden, zudem die fragwürdigen Entwicklungen um zwei Spitzenkandidaten der AfD, so u.a. mit Blick auf Landesverrat und Äußerungen, die die NS-Geschichte verharmlosen, eine Entwicklung, die sogar dazu geführt hat, dass sich europäische Rechtspopulisten von der AfD distanzieren, sie gar aus der europäischen Fraktion hinausgeworfen haben.

Aus diesem Anlass heraus hat Herr Prof. Dr. Brückner, Referent von TEAM EUROPE DIRECT, vor Schülerinnen und Schülern der elften Jahrgangsstufe über die Bedeutung der Europawahl referiert und dabei die populistischen Entwicklungen aufgezeigt und mit ihnen reflektiert.

In seinem Referat ging er auf die Stellung des europäischen Parlaments ein. Gerade die Tatsache, dass sich das europäische Parlament im Laufe seiner Existenz immer mehr Rechte erkämpft hat, zeigt die zentrale Bedeutung der Wahlen zum Europaparlament. Natürlich räumt er ein, dass das europäische Parlament noch lange nicht über die Möglichkeiten nationaler Parlamente verfügt, gerade mit Blick auf die Zusammenarbeit mit dem Europäischen Rat, dem Europäischen Ministerrat sowie der Europäischen Kommission, aber er macht deutlich, dass das Europäische Parlament zunehmend an Macht und Einfluss gewinnt, dass die Wahlen zum Europäischen Parlament langsam an die nationalen Wahlen angeglichen werden, bedenkt man, dass die Europäischen Fraktionen mit Spitzenkandidaten in die Wahl gehen, Spitzenkandidaten, die die Möglichkeit erhalten, zum Präsident der Europäischen Kommission ernannt zu werden.

Nach Abschluss dieses knappen, aber notwendigen Institutionenüberblicks geht Brückner genauer auf den Rechtspopulismus ein. Hierbei stellt er klar, dass der europäische Rechtspopulismus ein Narrativ nährt, welches davon ausgeht, dass in der Vergangenheit alles besser war, dass die Europäische Union in ihrer derzeitigen Verfassung undemokratisch, weil zu bürokratisch, sei, und dass die Europäische Union mit Blick auf die einzelnen Nationalismen neu gegründet werden muss. Hierbei geht der Referent auf die einfachen Antworten der Rechtspopulisten ein, die keine echten Lösungenfür  komplexe Herausforderungen bieten können. Er macht deutlich, dass die angesprochenen Probleme durchaus existent sind, gleichwohl aber mahnt er an, dass die im Rechtspopulismus verbreiteten Antworten auf die Herausforderungen nicht nur oberflächlich sind, vielmehr auch an der politischen wie gesellschaftlichen Realität vorbeigehen. Gerade mit Blick auf die Flüchtlingspolitik zeigt sich dieser logische Fehlschluss seitens der Rechtspopulisten.

Abschließend thematisiert er die derzeitigen Entwicklungen in Deutschland im Fahrwasser des europäischen Wahlkampfes. Sorgen bereitet ihm hierbei durchaus der politische Entpuppungsvorgang der AfD, gerade mit Blick auf das Verhältnis mit den französischen und italienischen Rechtspopulisten. Gleichzeitig aber weist er darauf hin, dass die Europäische Union die Kraft hat, die Rechtspopulisten einzufangen und zu zähmen; gerade das Beispiel der italienischen Ministerpräsidenten Meloni, eingehegt in das europäische Gefüge, zeugt davon, dass diejenigen, die im Vorfeld mit extremen Positionen geworben haben, im Nachgang Abschied nehmen müssen von diesen, weil sie nicht mehrheitsfähig sind und hierbei die Gefahr besteht, isoliert zu werden. Natürlich gibt er aber zu bedenken, dass ein solches Vertrauen auf die Machtverteilung der europäischen Institutionen keine Garantie dafür sein kann, dass man auf lange Sicht die rechtspopulistischen und extremistischen Kräfte zähmen kann; traurige Zeugnisse hierfür sind nicht nur die Verhältnisse in Ungarn und die Vorgänge in Polen, bedenkenswert ist zudem das zunehmende Erstarken nationalistischer Kräfte, die einem zunehmend antieuropäischen Denken Stimme und politisches Gewicht verleihen.

Insofern ist es notwendig, die Wählerinnen und Wähler darüber aufzuklären, wie das politische Europa funktioniert, wie abhängig die deutsche Wirtschaft vom europäischen Markt ist, wie sinnvoll und überzeugend das europäische Friedensprojekt ist, auch für die Bundesrepublik. Insofern ist es noch essenzieller, den Fokus auf die wichtigen und wesentlichen Herausforderungen zu lenken, anstatt Populisten und deren Thematisierungswünschen auf den Leim zu gehen. Hier gilt es, frei nach dem Motto der Aufklärung, sich seines Verstandes bedienen zu dürfen!