Tosender Applaus in Coburg und Bamberg „Der Rattenfänger von Hameln“ – Abschluss eines integrativen Theaterprojekts

Tosender Applaus in Coburg und Bamberg „Der Rattenfänger von Hameln“ – Abschluss eines integrativen Theaterprojekts

„Der Rattenfänger von Hameln“ – Abschluss eines integrativen Theaterprojekts

 

„Packt den Gedanken, das Gefühl, den Satz, das Wort. Packt ihn und kleidet ihn neu ein. Wir sind Schneider geworden, Sprachschneider, Gefühlsschneider.“, so Natan zu seinen Mitstreitern im direkten Duell mit dem Rattenfänger, so der gehörlose Junge am Ende seiner Heldenreise.

Es ist das Ende einer Reise, die mit dem letzten Schuljahr begonnen und die von zahlreichen Förderern mit Zuschüssen begleitet worden ist, darunter „Demokratie leben!“, die Bradnick-Stiftung, die Stadt Coburg, aber auch die Sparkasse Coburg-Lichtenfels und die VR-Bank. Zu Beginn des letzten Schuljahres entschlossen sich Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Alexandrinum dazu, ein integratives, inklusives Projekt in Gestalt eines Theaterstücks auf die Beine zu stellen. Dabei wollten die Schülerinnen und Schüler den Fokus nicht auf die Sage legen, vielmehr eine Geschichte im Anschluss an die Sage erzählen wollen.

Ein Kind, das der musikalischen Macht des Rattenfängers widerstehen kann, erwacht eines Morgens und bemerkt, dass alle anderen Kinder entführt worden sind. Trotz der Grausamkeit, die das Kind durch den Mob erfährt, entschließt es sich, die entführten Kinder zu retten. Es beginnt eine Abenteuerreise zum Rattenfänger, die zu Beginn mehr als hilflos wirkt, es startet aber gleichzeitig auch eine Reise des gehörlosen Jungen in sich selbst hinein, als ob Natan sich selbst findet und daran wächst. Gegen eine Gesellschaft, die das absurd Normale nicht grausam, aber entschlossen definiert – und dabei diejenigen exkludiert, die eigentlich auch in der Vielfalt einer Gesellschaft leben und sich entfalten sollten.

Als das Projekt startete, ging es um die Begegnung von Schülergruppen, die sich im schulischen Alltag nicht wirklich begegnen. Neben zwei fantastischen Aufführungen, eine in Coburg und eine in Bamberg, hat das Projekt genau dieses inklusive Ziel erreicht: Die Schülerinnen und Schüler sind sich nicht nur begegnet, aus der gemeinsamen Theaterarbeit, der gemeinsamen Schaffens- und Leidenszeit sind Freundschaften entstanden, die das Projekt überdauert haben.

Jetzt, am Ende dieses zauberhaften Projektes, scheint es so, als würden beide Schulen, die Von-Lerchenfeld-Schule in Bamberg und unser Gymnasium, zu ihrer normalen Geschäftigkeit zurückkehren, nebeneinander existieren und in der Magie der Erinnerung an das ambitionierte, nunmehr aber abgeschlossene Projekt zurückdenken. Es scheint aber nur so.

Die einmal entdeckte Gemeinsamkeit, der Mut, sich seiner eigenen Entschlossenheit zu stellen, hat bereits nach dem letzten Vorhang dazu geführt, dass einige Mitstreiter angefragt haben, ob ein weiteres Projekt in Planung sei. Schließlich hat die Magie des Augenblicks sogar dazu geführt, dass beiden Schulen die Möglichkeit angeboten worden ist, an anderen Stellen zu spielen, u.a. auch an den Schultheatertagen in Coburg und in Bamberg.

„Das Ende der einen Reise ist der Anfang einer neuen Reise.“, so Tobias Pohl, wohl wissend, dass diese Verführung neuer Auftritte auch bedeutet, dass neue Vorstellungen neue Arbeit bedeuten. Er quittiert es aber mit einem Lächeln!

„Der Rattenfänger von Hameln“ – integratives Theaterprojekt

Integratives Theaterprojekt zwischen dem Gymnasium Alexandrinum Coburg und der Von-Lerchenfeld-Schule für gehörlose Schülerinnen und Schüler in Bamberg

„Es geht um Begegnungen.“, so Tobias Pohl, Initiator des integrativen Theaterprojekts: „Es geht darum, Begegnungen zu schaffen zwischen Schülergruppen, die sich im Schulalltag selten bis nie über den Weg laufen.“ Begegnungen schaffen durch das gemeinsame Projekt, über die gemeinsame Arbeit am Theater einander sehen und einander verstehen. Die Formel klingt recht einfach … Es geht um das Verstehen von Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung, es geht um den Nachvollzug der Wünsche, der Hoffnungen und Ängste jener Menschen, die im normalen Alltag allzu oft nicht gesehen, nicht wahrgenommen werden. „Unsere Gesellschaft kennt nur das Normale, das Angepasste.“, so Pohl: „Brechen Menschen aus diesem Raster aus, werden sie erst einmal als das Nichtnormale kategorisiert, als das, was nicht den strengen Kriterien der streng normierten Gesellschaft entspricht.“ Dabei verkenne man aber, dass das Normale schnell ausschließe, was eigentlich nicht ausgeschlossen werden dürfe, so der Theatermacher weiter. Es gehe darum, das Vielfältige zu sehen, es anzuerkennen, zu verstehen, dass man vom anderen etwas lernen könne, etwas zu lernen vermöge, so man sich auf das andere einlasse, so der Projektleiter.