Wie gestaltet Coburg die soziale Integration?

Ein Gespräch der 9c mit Bürgermeister Aydin

Am 23. April 2024 besuchte Bürgermeister Aydin die Klasse 9c, um sich mit den Schülerinnen und Schülern über Fragen zur sozialen Integration in Coburg auszutauschen. Zu Beginn der Veranstaltung führte Tobias Pohl mit einem Referat ein: Hierbei informierte er u.a. darüber, dass 2021 noch 47 % der nach Deutschland zugezogenen Personen aus dem europäischen Ausland kamen, folglich nur ein geringer Teil aus dem arabischen Ausland stammte, dass jeder vierte Deutsche mittlerweile einen Migrationshintergrund habe und dass sich die bundesrepublikanische Gesellschaft bereits seit 1961 zu einer multiethischen Gesellschaft entwickelt habe. Gerade mit Blick auf die Geschichte der sozialen Integration machte der Referent deutlich, dass die Bundesrepublik zur damaligen Zeit bezüglich der sozialen Integration zwar mit bestem Gewissen gehandelt, dabei aber aus heutiger Sicht nicht immer alles richtig gemacht habe. Zudem wies Pohl darauf hin, dass die mittlerweile lange Geschichte der sozialen Integration immer wieder von rechtsextremistischen Tendenzen begleitet worden sei.

Mit Blick auf die gegenwärtige Situation leitete Pohl in das Gespräch zwischen Herrn Aydin und der Klasse 9c über. Man habe natürlich Herausforderungen in der Integration, so der Bürgermeister der Stadt Coburg, u.a. mit Blick auf die soziale und kulturelle Situation. Diese gehe man aber konstruktiv an.

„Die erfolgreiche soziale Integration erfordert eine aktive Einbeziehung der Neuankömmlinge in die Gesellschaft sowie einen besonderen Fokus auf Bildung als zentrales Element“, so Aydin. Es ist wichtig, die Menschen in den Alltag der Gesellschaft einzubeziehen und sie miteinander zu verbinden. Nur durch gemeinsame Aktivitäten, Kommunikation und gegenseitige Abhängigkeit können wir einander kennenlernen und verstehen.

In diesem Zusammenhang zählte Aydin konkrete Maßnahmen zur sozialen Integration von Geflüchteten auf. So verwies er auf das Sprach-Café, ebenso das Projekt „Power für Frauen“ sowie auf die angebotenen Qualifizierungskurse der Kulturdolmetscherinnen und -dolmetscher. Auch berichtete er über die geplanten Toleranztage „Toleranz(t)räume“, die das multikulturelle Zusammenleben in Coburg für knapp eine Woche in den Mittelpunkt stellen werden. All dies diene dazu, so der Bürgermeister, dass die zu uns gekommenen Menschen die Sprache im Alltag hören und sprechen, miteinander kommunizieren und so leichter ankommen können. „Erst wenn wir es schaffen, dass die Menschen deutsch sprechen und sich verständigen können, öffnen sich die nächsten Türen für sie, und sie erhalten hier Chancen, die ihnen möglicherweise sonst verwehrt geblieben wären.“

Der Bürgermeister betonte die Unterscheidung zwischen Rechtsextremismus und anderen politischen Strömungen, die im Zuge zahlreicher Demonstrationen, auch hier in Coburg, kritisiert wurden. Dennoch wies er darauf hin, dass jegliche Form von Extremismus eine ernstzunehmende Gefahr darstellt, die nicht unterschätzt werden darf. Er betonte, dass extremistische Ansichten oft simplistisch auf komplexe Themen reagieren, und unterstrich, dass es wichtig sei, sich daran zu erinnern, dass hinter politischen Diskussionen echte Menschen stünden. Er hob hervor, dass Menschen, die bereits hier leben und verwurzelt sind, ein Recht darauf haben, Teil der Gesellschaft zu sein und diese mitzugestalten.

Abschließend betonte Bürgermeister Aydin die Bedeutung von Zivilcourage und ermutigte dazu, aktiv zu werden. Er hob hervor, dass es nicht darum gehe, sich selbst in Gefahr zu bringen, sondern vielmehr darum, Zeichen zu setzen und für das Richtige einzustehen. „Unabhängig von der Situation ist es wichtig, auf die Regeln in unserem Land hinzuweisen: Ich muss es tun, wenn es nötig ist, unabhängig von der ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit der beteiligten Personen.“

Es war eine äußerst bereichernde Veranstaltung. Die Schülerinnen und Schüler haben viel mitnehmen können: Vor allem, dass sie mit geschärftem Blick die derzeitigen gesellschaftlichen Prozesse betrachten und sich nicht ablenken lassen dürfen von Scheindebatten, die niemandem etwas nützen.

Tobias Pohl, Ralf Sperlich